Eine Stellenausschreibung stellt nicht nur ein Signal dar, dass eine Position offen ist, sondern ist auch ein Informationsvehikel und eine Werbefläche des Unternehmens. Auf einem Arbeitsmarkt, wo Fachkräftemangel herrscht, reicht ein simples Signal über die vakante Position auch längst nicht mehr aus, um das Interesse der Jobsuchenden zu wecken. Damit diese Eigenwerbung gelingt, untersuchten wir, welche Informationen und Konditionen den Jobsuchenden wichtig sind. Dieser Artikel soll einerseits die Frage klären, welche Arbeitskonditionen für Bewerber*innen relevant sind und andererseits wollen wir der Frage nachgehen, inwiefern es Unterschiede zwischen den Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen aus verschiedenen Berufsbereichen gibt.
Angaben über die Datengrundlage
Der für diese Analyse zugrunde liegende Untersuchungszeitraum starte im April 2017 und endete im September 2020. Hierbei stehen nach Datenbereinigung und dem Versuch der Reduzierung des Bias 6542 beobachtete Bewerber*innen (Umfrageteilnehmer*innen). Zur Durchführung unserer Analyse teilten wir die Gesamtzahl der 6542 beobachteten Bewerber*innen in vier Berufsbereiche ein, die sich auf sortengetrennte Typen von Stellenausschreibungen beworben haben (Abbildung 1).
- IT = Stellenausschreibungen (m/w/d) für Softwareentwickler, Softwaretester, Software-Support, Administrator und Fachinformatiker etc.
- MINT = Stellenausschreibungen (m/w/d) für Ingenieure (Maschinenbauer, Elektrotechniker, Verfahrenstechniker etc.), sowie technische Berufe ohne Hochschulabschluss
- OFFICE = Stellenausschreibungen (m/w/d) für kaufmännische Berufe, insb. Vertrieb, Kundenbetreuung, Buchhaltung, HR, Marketing etc.
- SANO = Stellenausschreibungen (m/w/d) für Berufe mit Bezug zum Gesundheits- und Sozialwesen, insb. Pflegeberufe, Ärzte, medizinisch-technische Assistenz etc.
Der Großteil der Beobachtungen entfällt auf Bewerber*innen, die sich auf Stellenanzeigen der Berufsbereiche IT und OFFICE bewarben.
Ferner wurde IT (Informatik) aus dem Berufsbereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technologie) ausgegliedert. Wir behalten der Einfachheit halber die Bezeichnung MINT bei, das englische STEM (science, technology, engineering, mathematics) wäre die adäquatere Bezeichnung.
Relevanz der Arbeitskonditionen
Die Abbildung 2 beschreibt die Relevanz der einzelnen Arbeitskonditionen in Hinsicht auf die Bewerbungsentscheidung. Die Umfrageteilnehmer*innen wurden zu neun Arbeitskonditionen befragt. Dabei haben diese zuerst angewählt, welche Konditionen sie als relevant für ihre Bewerbungsentscheidung erachten. Danach wurden die Bewerber*innen befragt, ob sie diese Konditionen auch vor ihrer Bewerbung recherchieren konnten. Abbildung 2 stellt die Ergebnisse dieser Fragen gegenüber. Im Gegensatz zu einer früheren Darstellung aus unserer letzten Analyse Kanaleo Studie: Stellensuchverhalten nach Berufsbereichen werden die Ergebnisse diesmal nicht auf 100% normiert und sind somit einfacher zu interpretieren.
Unsere Auswertung zeigt, dass über 70% der Bewerbenden die Arbeitskondition Betriebsklima als relevanten Faktor bei ihrer Stellensuche angegeben haben. Betriebsklima bildet damit die wichtigste Kondition für Jobsuchende. Weitere wichtige Konditionen sind die zukünftigen Aufgaben (61%), die Karrierechancen (60%) und der Standort (60%). Interessanterweise nimmt die Arbeitskondition Gehalt mit 38% einen hinteren Rang an. Lediglich die Reputation ist mit 35% für Umfrageteilnehmer irrelevanter als das Gehalt.
Die Analyse der Arbeitskonditionen zeigt ein deutliches Informationsgefälle. Am Beispiel des Betriebsklimas zeigt unsere Auswertung, dass zwar für 70% der Bewerbenden Informationen zum Betriebsklima relevant sind, jedoch finden nur 44% der Bewerber*innen auch Informationen dazu. Lediglich die Arbeitskonditionen Standort und Reputation bilden hier eine Ausnahme. Gehaltsangaben bilden das größte Informationsgefälle. Bewerbende finden in nur knapp einem Drittel der Fälle Informationen zum Gehalt, wenn sie danach suchen und es für ihre Entscheidung relevant ist. Während 38% der befragten Bewerber*innen diese Information für relevant einstufen, gaben nur 12% der Bewerber*innen an, hierzu Informationen gefunden zu haben.
Folglich bleibt den Bewerbenden in den Fällen, wo ein Informationsmangel herrscht, oft nur das Bauchgefühl als Entscheidungsgrundlage. Eine bessere und präsentere Aufbereitung der Informationen hilft nicht nur den Bewerber*innen, sondern senkt im besten Falle auch den Aufwand, der in die Kandidatensuche fließt. Je besser die Informationslage der sieben Arbeitskonditionen mit Informationsdefizit in der Stellenanzeige und der Karriereseite, desto eher wird den Jobsuchenden die Möglichkeit eingeräumt, sich selbst vorzuselektieren. Das hat für Unternehmen günstige Auswirkungen auf die Quote an Fehlbewerbungen, die Quote der Bewerbungsabbrüche und der Mitarbeiterfluktuation.
Im Anschluss an den Artikel finden Sie die Informationsmängel aus der Abbildung zwei für jeden der untersuchten Berufsbereiche.
Relevanz der Arbeitskonditionen nach Berufsbereichen
Für die Abbildung 3 haben wir alle der in Abbildung 2 dargestellten Beobachtungen nach Berufsbereichen (OFFICE, SANO, MINT, IT) geordnet. Die Zuordnung erlaubt uns eine detailliertere Analyse der Unterschiede in den Relevanzbewertungen der jeweiligen Berufsbereiche. Die Ränge orientieren sich an der Gruppe IT absteigend.
Hierbei ist das Betriebsklima von den meisten Bewerber*innen in jeder Gruppe als ein wichtiges Kriterium bei der Stellensuche gewählt worden. Die Karrierechancen sind von den Gruppen IT und MINT auf den zweiten Platz gewählt worden -weisen jedoch keine großen Unterschiede zu den beiden anderen Gruppen auf.
Große Unterschiede finden sich bei der Arbeitskondition Aufgaben. Hier gaben 47,51% der Bewerbenden der SANO-Gruppe an, dass die zukünftigen Aufgaben für ihre Suche relevant sind. Das sind rund 20% weniger als in der OFFICE-Gruppe. Der Unterschied kann daran liegen, dass die Aufgaben in der SANO Gruppe durch die fixen Abläufe in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen schon vorher bekannt sind und somit nicht zu einem Informationsbedürfnis führen. In der OFFICE-Gruppe gibt es hingegen selten eine feste Abgrenzung der Aufgaben, die allein aus dem Stellenanzeigentitel erkennbar ist. Folglich liegt den Bewerber*innen in der OFFICE-Gruppe mehr daran, eine detaillierte Aufgabenbeschreibung zu finden als der SANO-Gruppe.
Weitere Unterschiede sind in der Arbeitsplatzsicherheit zu erkennen. Das Kriterium liegt bei der SANO-Gruppe mit 68% auf dem zweiten Platz in der Gruppenrangliste. Dieser Unterschied könnte vor allem am Stellenabbau in der Pflegebranche liegen, wodurch sich diese Bewerber*innen intensiver mit dem Thema auseinandersetzen müssen als Bewerber*innen aus den anderen Gruppen. Sollten die politischen Maßnahmen zur besseren Krankenhausfinanzierung des Pflegepersonals Wirkung zeigen, wäre ein Rückgang der Relevanzbewertung der Arbeitsplatzsicherheit in der SANO-Gruppe zu erwarten.
Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der Arbeitskondition Reputation. Sie liegt bei allen Gruppen auf den hinteren Rängen. In der SANO-Gruppe hat sie mit 19% die geringste Relevanz. Eine Erklärung der niedrigen Relevanzbewertung könnte in der Standortsituation der Krankenhäuser liegen. Krankenhäuser sind innerhalb des regionalen Einzugsbereiches ihres Personals in überschaubarer Anzahl vorhanden und sie dürften aufgrund ihres Dienstleistungsangebotes bereits regional bekannt sein. Jobsuchende der SANO Gruppe dürften sich bereits vor jeder Jobsuche über die Reputation ihres medizinischen Arbeitgebers im Klaren sein.
Abschließend lassen sich zwei Punkte herborheben: Einerseits herrscht ein allgemeiner Informationsmangel im Bewerbungsprozess. Andererseits unterscheidet sich nur die Gruppe-SANO signifikant von den anderen Berufsgruppen in ihrem Informationsbedürfnis. In den folgenden vier Diagrammen haben wir die Relevanz der Arbeitskonditionen aus Abbildung 2 für die vier untersuchten Berufsbereiche gesondert ausgewertet. Die Abbildungen geben einen besseren Überblick über den Informationsmangel je Berufsbereich.
Bewerbercontrolling mit Kanaleo
Seit 2015 befragen ausgewählte Arbeitgeber mithilfe des Bewerbercontrolling-Dienstes Kanaleo.de ihre Bewerbenden zu ihrer Bewerbungserfahrung (Candidate Experience). Sobald sich ein Bewerbungsprozess dem Ende nähert, erhält der Bewerbende Zugriff auf den Candidate Experience Fragebogen und kann hierüber seine Bewerbungserfahrung sicher und anonym angeben. Dank dieser Angaben kann der Empfehlungsbund seinen Mitgliedsunternehmen individuelle, faktengestützte Handlungsempfehlungen ausgeben, die der Verbesserung des Bewerbungsprozesses dienen.
Für weitere Informationen zu den Fragebögen und Auswertungen besuchen Sie: www.kanaleo.de.